Bürohaus Percha, Starnberg

Bürohaus Percha

Bürohaus Percha

Nach Postmoderne und Dekonstruktivismus definiert sich die Architektur am Beginn des 21. Jahrhunderts unter dem Begriff der „Zweiten Moderne“. Aufbauend auf den gestalterischen Grundsätzen der ersten Moderne von vor einhundert Jahren, steht die Architektur der Gegenwart in der Tradition von rationaler Effizienz und der puristischen Ausprägung von Materialien. Das Diktum „less is more“ der klassischen Moderne hat nach wie vor Gültigkeit, leitet sich heute aber zunehmend aus den konkreten Bedürfnissen und Notwendigkeiten des Informationszeitalters sowie der energetischen Nachhaltigkeit ab. Im Zeichen von Wirtschaftlichkeit und Zero Emission manifestiert sich in der Architektur der Zweiten Moderne eine formale Eleganz und visuelle Wertigkeit.

Das Bürohaus Percha zeichnet sich durch eben diese Attribute aus. Am Ortseingang des Starnberger Stadtteils Percha, dort wo die Autobahn A 96 nach München beginnt und der Starnberger See in die Würm abfließt, ist es situiert, in einem Überschwemmungsgebiet neben der traditionsreichen Rambeck-Werft, wo der Grundwasserspiegel bei circa 40 cm unter dem Gelände liegt. Die Projektentwickler und Projektsteuerer Ehret + Klein aus Starnberg realisierten als Bauherr auf dem 2.400 m² großen Grundstück ein Bürogebäude mit Gastronomie und 2.700 m² BGF oberirdisch. Nach einer vorgeschalteten Nutzungs- und Bedarfsanalyse wurde in enger Zusammenarbeit mit den Starnberger Architekten Raumstation und dem Tragwerksplaner BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München, die Immobilie optimal auf den Standort zugeschnitten geplant. Das rechteckige Grundstück zwischen der nördlich verlaufenden Würmstraße und einem südlichen Entwässerungsgraben forderte bei diesen nicht als optimal zu bezeichnenden Standortkriterien die Phantasie und zugleich den Realitätssinn der Planer in einem sehr hohen Maße heraus.

Die unmittelbare Nachbarschaft zu einem Wohngebiet mit niedriger Bebauung erlaubte eine nur partielle dreigeschossige Bebauung. So markiert der westliche Teil zur Würm hin ein gestalterisch abgesetztes zweites Obergeschoss. Geschosshohe, umlaufende, feststehende und senkrechte Sonnenschutzpaneele aus eloxiertem Aluminium in abwechselnden Farbtönen von Grün, Gelb bis Gold geben dem dritten Obergeschoss eine markante Gestalt. Der restliche zweigeschossige Gebäudeteil ist durchgehend mit Holzschindeln verkleidet. Eine Schattenfuge trennt die zwei in der Fassadengestaltung stark unterschiedlichen Gebäudeteile.

Konstruktiv wurde das Bauwerk, bis auf die vorgefertigten Treppenaufgänge, vollständig in Ortbeton ausgeführt. Die sich in der Außenansicht und der klaren Gliederung der Geschosse in Büro- und Verkaufsräume (jeweils teilbar in 130 – 360 m² Einheiten) abzeichnende Logik wurde auch in allen statischen Belangen übernommen. Auf Grund des sehr hohen Grundwasserspiegels verzichtete man aus Kostengründen auf eine Tiefgarage. Außerdem ist nur eine Gebäudehälfte unterkellert. Das Tragsystem besteht aus schlanken Flachdecken auf Wandscheiben und Stützen aus Stahlbeton. Im nicht unterkellerten Bereich sind sie auf einem Gitterrost aus bewehrten Streifenfundamenten gegründet. Das Untergeschoss ist als wasserundurchlässige Weiße Wanne mit einer 60cm starken Bodenplatte ausgeführt. Der Bemessungswasserstand stimmt mit der Geländeoberkante überein. Es liegen äußerst heterogene Baugrundverhältnisse vor. Mit dem Gründungskonzept werden Setzungsdifferenzen aus der unterschiedlichen Lagerungsdichte der Kiese sowie der weichen bindigen Zwischenlagen minimiert. Wirtschaftlichkeit in Verbindung mit reduzierter wie eleganter Formensprache sind die hervorstechenden Merkmale dieses Bauwerks.

Auch unter energetischen Belangen setzten die Bauherren wie die Planer markante Akzente. In Punkto Wärmeversorgung wird der Bau durch eine Grundwasser-Wärmepumpe zu einem autarken Niedrig-Energiehaus, welches keinerlei Fossile Brennstoffe benötigt.

Gut einsehbar von der Münchner A 96 stellt das Bürohaus Percha einen bewussten architektonischen Akzent bei der Einfahrt nach Starnberg dar. Neben den Bauten im ländlich-regionalen Stil hebt es sich durch sein gut proportioniertes Volumen und die pointierte Auswahl der Fassadenmaterialien unverwechselbar ab. Die hohe Visibilität geht einher mit der neuartigen und eindeutigen architektonischen Identität – sozusagen eine perfekte Symbiose von Ort, Nutzung, Konstruktion und Architektur.