Geh- und Radwegbrücke über die Iller und B19neu
2003 lobte das staatliche Bauamt Kempten im Allgäu einen Wettbewerb für eine Fußgängerbrücke über die Iller nördlich von Immenstadt aus. Gemeinsam mit den Architekten Otto Schultz-Brauns und Armin Reinhart entwarf Dr. Bernhard Schäpertöns eine Brücke, die in ganz besonderer Weise die an sie gestellten Randbedingungen erfüllt. Ihr Entwurf wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Der Deich mit der neuen Bundesstraße B19 definiert die einzuhaltende lichte Höhe, die möglichen Orte für Pfeilerstellungen und der erforderliche Abflussquerschnitt des Flusses und einer Flutrinne die Spannweiten der neuen Brücke. Zudem sollten neben hohen Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit auch noch entsprechende Aufenthaltsqualitäten geschaffen werden.
Um möglichst flach über den Deich mit der Bundesstraße zu kommen und die Steigungen gering zu halten, wurde ein Tragwerk gewählt, das seitlich und oberhalb der Fahrbahn liegt, ein sogenannter Trogquerschnitt. Die maximale Steigung der Fahrbahn beträgt 6,8%. In einem weiten Bogen, der sich nach Süden in Richtung der Berge öffnet, führt die Brücke über die Iller, die Bundesstraße mit ihren vier Spuren und die Flutrinne zum Polder Wiedachswiesen. Dieser soll die Hochwassermassen der Schneeschmelze zwischenspeichern, um so Flutkatastrophen wie die des Jahres 1999 zu verhindern.
Der Überbau ruht auf monolithisch mit den Pfeilern verbundenen V-Streben aus Stahl. Die schlanken Pfeiler haben einen polygonal begrenzten Schaft, der sich nach oben erst verjüngt, sich dann aber am Kopf wieder aufweitet und die Strebenfüße umschließt. Stählerne Gurte, Pfosten und Querträger mit Kastenquerschnitt sowie Diagonalen aus Flachstahl bilden den Trogquerschnitt des Fachwerks. Halbfertigteile dienen als Schalung für die Fahrbahnplatte aus Beton. Die Brücke wurde 2006 fertiggestellt.
Die Brücke wird von beiden Widerlagern aus zur Mitte hin stetig breiter und bietet so eine Möglichkeit zum Verweilen und lädt zum Betrachten des grandiosen Alpenpanoramas ein. Verlässt man die Brücke nach Osten, blickt man auf den 1738 m hohen Bergrücken des Grünten, dem sagenumwobenen Wächter des Allgäus. Wandert man nach Westen, blickt man beim Verlassen der Brücke auf einen sanft hügeligen, teils bewaldeten Moränenzug der Rißeiszeit. Die Brücke verbindet diese beiden unterschiedlichen Landschaften, ist ein schon von weitem sichtbares „Rückgrat“, führt den Menschen sicher über den Fluss und den strömenden Autoverkehr und bietet damit in einem übertragenen Sinne festen Halt und Sicherheit. Alles Bildhafte einer Brücke offenbart sich hier und verdeutlicht den besonderen Reiz dieser Aufgabe für den Ingenieur.